U N I O N S K I R C H E   V E R S T E H E N  :

 

N A C H R I C HT E N

zur

B A U -  und   B E D E U T U N G S G E S C H I C H T E

der

U N I O N S - K I R C H E   Z U  I D S T E I N

 

Pfarrkirche der Evangelischen Kirchengemeinde Idstein

 

Karl Heinz Schmidt

Idstein

Sept. / Okt.2011

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V O R B E M E R K U N G

 

Die Unionskirche in Idstein ist ein Kirchenbau von dem man sagen kann, dass er „es“ - ganz im wörtlichen Sinne - „in sich hat“. Äußerlich ganz bescheiden in die traditionelle Form einer Basilika  gekleidet, birgt sie einen Innenraum wie er reicher ausgeschmückt nicht erwartet werden kann, besonders nicht in einer protestantischen Kirche. Der Bauherr, Graf Johannes von Nassau - Idstein hat keinen Aufwand gescheut, den Innenraum als einen kostbaren Festsaal für den Gottesdienst auszuschmücken, zumal da die Kirche zugleich Hofkirche für seine Residenz Idstein war  und er sich mit ihrem Bau eine Fußnote in der Kunstgeschichte erhofft hat.

 

Aber gerade die Kunstgeschichte hat sich - trotz hervorragender Einzelstücke in der Ausstattung - mit dem vollendeten Kirchenbau nicht anfreunden können. Zu sehr war des Grafen Konzeption und Ausführung der Kirche von den Norm-Typen der Zeit entfernt, als dass sie bei anderen Bauten zur Nachahmung anregend hätte wirken können. Ohne Einbeziehung auch der theologischen Dimension in die Betrachtung der Kirche blieb sie der Kunstgeschichte auch so fremd, dass die ihr innewohnende Intention überhaupt nicht erkannt und gewürdigt werden konnte.

So verstieß allein schon die Auskleidung von Hochschiffwänden und Decke mit gerahmten Gemälden in Öl auf Leinwand so radikal gegen die in der Zeit fast verbindliche Ausschmückung mit Fresken, dass man über der Empörung über diese unzeitgemäße Dekoration die Frage nach der theologischen Begründung dieser Anordnung nicht  stellte..

 

Ebenfalls unverständlich war die Form der Basilika, in der die Kirche sich zeigt. Zusammen mit dem bis zum Ende des 20. Jahrhunderts herrschenden Missverständnis, dass dies noch die Gestalt der alten Stiftskirche des 14. Jahrhunderts sei, war der Innenausbau in der Formensprache der Renaissance (und z. T. des Barock) ein so grässlicher Verstoß gegen die reine Lehre, dass der Bauherr wegen dieses  Stilgemischs als Baukunst - Kenner als disqualifiziert galt.

 

Erst die in den letzten Jahren betriebene Bauforschung „vor Ort“ und die Recherchen in verschiedenen Archiven haben zusammen mit theologischen Überlegungen die innere Struktur der Kirche aufgedeckt und die ihr zugrunde liegende geistig-theologische Konzeption so in das Bewusstsein gehoben, dass diese Kirche als ein intellektuell überaus anspruchsvolles Dokument der geistigen Strömungen ihrer Entstehungszeit erkannt  und gewürdigt werden kann.

 

Dazu kommt, dass die Kirche seit dem Umbau ab 1669 (bzw. Ausbau des Chores um 1725) praktisch nicht mehr verändert worden ist, weder in der Außenansicht, noch im Innenraum .Der heutige Besucher sieht also in einen ca. 300-jährigen Raum, in dem die Ausstattung noch so erhalten ist, wie sie zur Zeit der Einrichtung eingebracht worden ist. Das gilt vor allem für die Deckenbilder (dem „AHA“ jeden Besuchers), deren malerische Qualität bemerkenswert gut ist, es gilt aber auch für Altartisch, Kanzel und Taufstein wie überhaupt für alle Marmorarbeiten in der Kirche.

 

Insgesamt ist es - trotz des Stilbruchs am Übergang zum Chor - ein Innenraum, der Wärme und Geborgenheit ausstrahlt, und in dem man sich im Gemeindegottesdienst heimisch fühlen kann.

Deshalb, und weil es halt die älteste Kirche Idsteins ist, war sie bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts als „Stadtkirche“ die  Hauptkirche Idsteins. Deshalb wurde z. B. auch in ihr aller Gefallenen des 1. Weltkriegs, gleich ob Katholiken, Juden oder Protestanten, mit einer Gedenktafel gedacht.

 

Am schönsten  ist der Aufenthalt in der Kirche wenn sie von klassischer Musik erfüllt ist.  An sommerlichen Markttagen kommt sie von der Orgel, an ausgewählten Tagen wird  sie von der Kantorei in großen Konzerten angeboten.

Dann ist sie, auch wenn es den Besuchern an der eingehenden Kenntnis ihrer tieferen Bedeutungsstruktur mangelt, neben ihrem Gebrauch als evangelische Pfarrkirche, der kulturelle  Mittelpunkt  unserer Stadt.

 

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1.   GRÜNDUNGSBAU   UND  KIRCHTURM

Von einem Kirchenbau „um 1200“ sollen noch die Untergeschosse des Kirchturms (am östlichen Ende des nördlichen Seitenschiffes) stammen. Weitere Spuren sind nicht bekannt [i].

 

Ergänzung zu 1. :

Ob Idstein anlässlich der Verleihung der Stadtrechte (3. 5. 1287) durch  Kg. Rudolf von Habsburg) an Graf Adolf von Nassau (Dt. König1292 - 1298) auch eine eigene Pfarrkirche erhalten hat oder bereits besaß, ist ungeklärt.

Der Kirchturm ist ca. 6 ½ m breit und dick, 21,6 m hoch gemauert, darauf steht ein 14,4 m hoher Helm mit Rautendach und vier über jeder Seite des Turmes in Holzkonstruktion ausgeführten Giebeln. Die in der älteren Literatur erwähnte, angeblich 1713 / 1714 erfolgte Turmerhöhung hat nicht stattgefunden. Die Nachricht beruht auf einem Lesefehler.

Kirchenrechtlich war diese erste Idsteiner Kirche möglicherweisevon der Kirche des (ausgegangenen) Dorfes Wolfsbach, südl. von Idstein,abhängig  [ii]

Als selbständige Pfarrei erscheint Idstein in einerUrkunde vom 3. 12. 1300 in der der Pastor Marquard als Zeuge genannt wird [iii]

 

 

2.   GRÜNDUNG DESSTIFTS

Aus persönlichen Gründen (Fragen der Rechtmäßigkeit seiner Ehe) betreibt Graf  Gerlach ab 1327 die Errichtung eines Stifts.

Erzbischof Balduin von Trier erhebt am 25. August 1340 die Kirche zu Idstein zu einem Stift mit 6 Kanonikaten und ernennt den bisherigen Pastor der Kirche Heinrich Sure zum Dekan.

 

Ergänzung zu 2. :

Zur wirtschaftlichen Fundierung des Stifts wird 1328 die Pfarrkirche zu Oberlahnstein, deren Patronat ebenfalls dem Grafen Gerlach zusteht, mit der Pfarrkirche in Idstein vereinigt, um mit den Einkünften aus Oberlahnstein sechs Priester an der Idsteiner Kirche unterhalten zu können. Gerlach muß allerdings 1333 und 1336 noch erhebliche Zustiftungen leisten, um die Besoldung der 6 Geistlichen sicherzustellen [iv]

Das Kollegiatstift wird errichtet zur Ehre Gottes,der Gottesmutter Maria und des hl. Martin.

 

 

3.   DIE  STIFTSKIRCHE

In den Jahren 1328 - 1340   [v]  entsteht durch Um- und Ausbau der romanischen Vorgängerkirche die Stiftskirche als dreischiffige, querschifflose  gotische Hallenkirche.

 

Ergänzung zu 3. :

Diese Bauzeit der Stiftskirche nennt W. H. Struck .Der Bau wurde in der Tradition hessischer Kirchenbauten dieser Zeit als gotische Hallenkirche errichtet  Der Bautyp der Basilika, als der die Kirche heute erscheint, galt lange Zeit als das Produkt dieses Um- oder Neubaus vom Anfang des 14. Jahrhunderts.Tatsächlich ist die heutige Gestalt das Ergebnis des Umbaus, den Graf Johannes Ende des 17. Jahrhunderts mit viel Überlegungen und viel Theologie vorgenommenhat. Siehe [vi]

 

 

4.   DIE  STIFTSKIRCHE ALS  BEGRÄBNISORT

Zur Zeit der Stiftskirche sind offenbar nur Angehörige des Grafenhauses Nassau -Idstein in der Kirche begraben worden  [vii]  Von ihren Grabplatten und Epitaphien sind jetzt nur noch 5 oder 6 in der Kirche aufgestellt.

 

Ergänzung zu 4. :

 Die ehemals vorhandenen Grabplatten und Epitaphien sind kopial überliefert (von Georg Helwich, Heinrich Dors, Johann Andreae).  

Jetzt sind in der Kirche noch aufgestellt die Grabplatte des Grafen Adolf II. (+ 26. 7. 1426) und seiner Frau Margarete von Baden (* 7. 11. 1442), das Epitaph für Graf Philipp II. (den „Alherrn“), (+6.6. 1558), und seiner Frau Adriana von Bergen (+ 24. 6. 1524), das Grabmal für Graf Adolf IV. ( + 3-Königstag 1556), und von einem ehemals größeren Epitaph das Standbild des Grafen Johann Ludwig (+ 20. 6. 1596). Im Windfang zum„Reiterchörchen“ steht - verstümmelt - ein Teil der Grabplatte für Graf Balthasar (+ 11. 1. 1568)

 

5.   UMBAUTEN  IN DER  STIFTSKIRCHE

Urkundliche Überlieferungen über Baumaßnahmen zur Stiftskirchenzeit sind nicht vorhanden. Jedoch ist eine Baumaßnahme aus dieser Zeit durch Bauinschrift überliefert und heute noch sichtbar: Der  Ausbau des östlichen Endes des südlichen Seitenschiffs zur Sebastianskapelle im Jahr 1509.

Nach weiteren Umbauten dient der damals geschaffene Raum heute als Sakristei.

 

Ergänzung zu 5. :

1471 stiftete der Mainzer Erzbischof Adolf II. von Nassau-Idstein an der Stiftskirche zu Idstein die Sebastiansbruderschaft, eine Gebetsbruderschaft zum Gebet  für  und Gedächtnis an die verstorbenen Mitglieder   [viii]  .Graf Philipp I. von Nassau - Idstein ( +1509) ließ den Standort des Bruderschafts - Sebastiansaltars zu einer eigenen Kapelle ausbauen. Dazu wurde der Teil des südlichen Seitenschiffs, der den Chorbau flankiert, in halber Höhe mit einem netzartigen Kreuzrippengewölbe versehen, dessen Schlußstein im blauen Feld, bestreut  mit goldenen Schindeln, einen goldenen Löwen zeigt, also das Wappen der Grafen von Nassau. Der Schlußstein trägt die Umschrift „Philipp, Graf von Nassau, Herr zu Idstein, starb anno 1509“  [ix]

Der über dem 1509 eingebauten Netzgewölbe verbliebene obere Teil des südlichen Seitenschiffs behielt sein gotisches Kreuzgratgewölbe und bildete einen eigenen Raum, der sich zur Aufbewahrung von Dokumenten des Stiftsarchivs eignete.  W.H. Struck (wie FN 1, S. 427) vermutet zwar das Archivgewölbe in einem Geschoß des Kirchturms. Doch war der heute nur durch einen Kriechgang entlang des südlichen Seitenschiffdaches zugängliche Raum zur Stiftszeit sicherlich bequemer zugänglich (siehe später „Kirchenspeicher“).

Das gotische Gewölbe dieses Raumes wurde 1725 nicht wie vorgesehen abgebrochen  [x]  sondern in die Dachkonstruktion desChorraumes integriert und bildet bis heute die „romantische“ Ecke an der südlichen Front von Chor und Langhaus. Erst in den 1920er Jahren (genaues Datum wird noch gesucht) wurde das gotische Gewölbe abgebrochen weil man seinen Einsturz befürchtete und dabei die Beschädigung des 1509 eingezogenen Netzgewölbes. Leider hat man damals keine Bauaufnahme des Gewölbes angefertigt.

Jedoch blieben bei diesem Abbruch in den 1920er Jahren die Ansätze der Gewölberippen erhalten und erlauben eine Abschätzung der einstigen Höhe des ehemaligen gotischen Gewölbes der Hallenkirche des 14.Jahrhunderts: Der Scheitelpunkt liegt etwa auf der Höhe der jetzigen Bilderdecke (Mittelreihe) und stimmt damit überein mit den Mauervorlagen am Chor, der  folglich die gleiche Höhe hatte wie das Langhaus und dieSeitenschiffe.

 

 

6.   AUSSTATTUNG   DER  STIFTSKIRCHE , NAMENSÄNDERUNGEN

Genau genommen ist aus der Zeit da das St. Martins - Stift bestand, kein Ausstattungsstück mehr in der Kirche vorhanden.

Die Kirche wurde aber „offiziell“, z. B. in den Rechnungsbüchern, auch nach dem Erlöschen des  Stifts noch als „St. Martins-Stiftskirche“. geführt und wurde erst nach dem Umbau des Grafen Johannes nicht mehr mit dem alten Namen bezeichnet.

So ist es nicht ganz verkehrt, ein Ausstattungsstück, das erst 1603 in die Kirche kam hier zu erwähnen: Gemeint ist der perspektivisch ausgenischte Altartisch, der im Chor vor dem Altarretabel mit dem Abendmahlsbild steht.

Er ist seit dem 13. November 1603 in der Kirche nachweisbar  [xi]  und gilt als das früheste Beispiel für die Anwendung von Lahnmarmor in künstlerischer Verwendung (mündl. Mitt. Fr. Dr. Schwenzer, Lahnmarmor-Museum Runkel).

Den Entwurf, die Idee für die Gestaltung dieses Altartischs möchte ich dem damaligen Superintendenten Magister Tobias Weber zuschreiben.

Der war ein gelehrter und gebildeter Mann, wie der lateinische Weihespruch an seiner ehemaligen Scheune (heute an seinem Wohnhaus Obergasse 18) noch ausweist  [xii]

 

Ergänzung zu 6.:

Die ehemals in der Stiftskirche vorhandenen 11 Altäre  [xiii]  sind alle verschwunden, ebenso der mittelalterliche Taufstein  [xiv]  und das Sakramentshaus  [xv]  . Sie alle wurden im Zuge der Reformation entfernt, z. T. aber auch erst sehr viel später. So ist z. B. der Hauptaltar für Maria und den Titelheiligen St. Martin im Chor erst abgebaut worden, als Graf Johannes ab 1673 hinter dem  Altartisch des  „Perspektivaltars“ von 1603 das Retabel aufrichten ließ.

Damals wurde der „katholische“ Hochaltar mitsamt seinen Figuren an die ev. Kirche in Walsdorf  verkauft und von dort kamen die Figur des hl. Martin zu Pferd und dem Bettler an seiner Seite, die Figur eines weiteren - nicht identifizierten -Heiligen, dazu ein Hl. Sebastian, vermutlich vom Altar der Sebastiansbruderschaft, 1875 an das Museum Nassauischer Altertümer in Wiesbaden. Die Figur der Maria mit Jesuskind wurde von den Walsdorfern an die kath. Kirchengemeinde in Würges verkauft und steht  heute in der dortigen Pfarrkirche  [xvi]  .

Erst mit dem „Auszug“ des hl. Martin aus der Kirche (durch seinen Verkauf nach Walsdorf) verlor die Kirche in Idstein auch ihren alten Namen. Sie wurde fortan nicht mehr offiziell  „St. Martins Stiftskirche“  genannt sondern nur noch „S t a d t k i r c h e“. Diese Bezeichnung hat sich gehalten bis 1917 ,als sie zur Erinnerung an das 100-Jahr-Jubiläum der Nassauischen Union den Namen „Unionskirche“ erhielt.

 

 

7.   DER  UMBAU UNTER  GRAF  JOHANNES, ab  1669

7.1 DER   BAUHERR

Graf Johannes von Nassau - Saarbrücken, * Saarbrücken, 24. 11. 1603, + Idstein 23.5. 1677., Sohn des Grafen Ludwig II. zu Nassau - Sarbrücken - Weilburg, der alle walramischen Besitzungen unter seiner Herrschaft vereinigte. Nach seinem Tod ( Saarbrücken, 8. 11. 1627) teilten seine vier Söhne im Januar 1629 seinen Besitz und begründeten die Linien Saarbrücken unter Graf Wilhelm Ludwig, Weilburg unter Graf Ernst Casimir , Neuweilnau unter Graf Otto und Idstein unter Graf Johannes. Alle Grafen  führten den Titel „Graf zu Nassau-Saarbrücken und Saarwerden, Herr zu Lahr, Idstein und Wiesbaden"  [xvii]  und waren alle lutherisch.

Im Dreißigjährigen Krieg verhielten er und seine Brüder sich zunächst neutral .Erst durch die Nichtachtung durch die kaiserlichen Völker getrieben, schlossen sie sich 1631 dem siegreichen schwedischen König Gustav Adolf an und wurden1633 auch Mitglied in dem schwedisch-protestantischen Heilbronner Convent. Doch nach der 1634 von den Schweden verlorenen Schlacht bei Nördlingen verließen die Nassauer Grafen aus Furcht vor kaiserlicher Gefangennahme ihre Länder und gingen ins Exil, Graf Johannes von 1634 bis 1646 zunächst nach Metz, ab 1639 nach Straßburg  [xviii].

Nach seiner Rückkehr nach Idstein widmete er sich dem Wiederaufbau des zerstörten Landes, pflegte aber auch seine Vorlieben, die Ausgestaltung seines Schlossgartens  [xix]  und die Vermehrung seiner Gemäldegalerie  [xx]  .

Gegen Ende seines Lebens verstrickte er sich in eine Hexenverfolgung, der 39 Menschen zum Opfer fielen.  Dies hat sein Andenken über Jahrhunderte hin schwer beschädigt.

 

Ergänzung  zu  7.1:

Im familiären Bereich mußte Graf Johannes etliche schwere Schicksalsschläge hinnehmen. Seine erste Frau, Sibylla Magdalena von Baden-Durlach, starb 39 jährig 1644 während des Exils in Straßburg. Johannes hatte in 15jähriger Ehe 11 Kinder mit ihr, von denen bei ihrem Tod nur noch 3 Söhne lebten.

Auch Anna von Leiningen - Dagsburg, die Johannes 1646 heiratete,  starb nach 18 Geburten früh mit 43 Jahren in 1668. Von ihren Kindern lebten bei ihrem Tod noch 4 Töchter und ein Sohn, der Erbprinz Georg August Samuel.

Der zunächst als Erbe vorgesehene älteste Sohn aus erster Ehe, Gustav Adolf,  * 1632, konvertierte zum maßlosen Entsetzen des Vaters 1653 zum Katholizismus. Er starb als kaiserlicher Offizier 1664 in der Schlacht von St. Gotthard (Ungarn) im Kampf gegen die Türken.

Der nächstfolgende Erbe, Ludwig Friedrich, * 1633, war schon 1656 in Elbing a. d. Weichsel an einer Verwundung, die er sich im schwedisch-polnischen Krieg zugezogen  hatte, gestorben. Er wurde in der Idsteiner Kirche beigesetzt.

Auch der dritte als Erbe mögliche Sohn, Johannes, * 1638,starb bereits 1658. Sein Sarkophag steht in der Gruft unter dem Chor.

Von den 18 Geburten der zweiten Ehe waren nur 4 Söhne. Von ihnen überlebte das Kleinkind-Alter nur der 1665 geborene Georg August Samuel, der dann nach des Vaters Tod auch das Erbe antrat.

 

1668, als Graf Johannes 65 Jahre alt wurde, gründete der Fortbestand der Dynastie Nassau-Idstein „Jüngere Linie“ nur auf dem dreijährigen Sohn. Wie weit diese Tatsache die weiteren Aktivitäten des Grafen bestimmte, wissen wir nicht. Es gibt keine Aufzeichnungen, die über die innere Entwicklung, über das Verständnis   „ von Gott und der Welt“ des Grafen authentisch Auskunft geben. Die Unternehmungen, die Graf Johannes nach seinem 65. Jahr noch in Angriff nahm, lassen sich nur verstehen, wenn man eine wenigstens teilweise Veränderung vom orthodoxen Lutheraner hin zu einem konfessionstoleranten Herrscher unterstellt. Graf Johannes hat im Straßburger Exil nicht nur die bekannten Beziehungen zu Malern wie Johann Walter, der später das „Florilegium“gemalt hat,  geknüpft und zu Sebastian Stoßkopf, dessen zerbrechliche Stillleben in vielen Museen hängen, und der sich schließlich in Idstein „zu Tod gesoffen“ hat [xxi]  , Johannes - das ist doch als ganz gewiss anzunehmen - hat auch am geistigen, besonders am religiösen Leben der Stadt teilgenommen oder zumindest Anteil genommen. So werden ihm die Thesen des Straßburger Professors Matthias Bernegger nicht unbekannt geblieben sein, der „die Professoren der Theologie während des dreißigjährigen Krieges aufforderte, eine Vereinigung der drei großen Religionsgemeinschaften anzustreben und vorzubereiten, da die Streitigkeiten im Vergleich zum Vaterlande ein viel zu Nebensächliches und Geringfügiges seien“ [xxii]  .

Daß Graf Johannes nach seiner Rückkehr aus Straßburg eine gewisse Distanz zur lutherischen Orthodoxie hatte, die er seiner Landgeistlichkeit allerdings nicht offenbaren durfte, kann man z. B. aus einem Brief herauslesen, den der Graf im Februar 1652 an den Maler Johann Walter in Straßburg gerichtet hat und in dem er das  Ausscheiden seines Bauschreibers Gg.Eberhard Rumpf aus seinem Dienst  mit dem etwas süffisanten Unterton kommentiert: „hat unser großer Bauschreiber nicht leiden können, daß man wider die Calvinisten predigt“  [xxiii]  .

Es fällt auch auf, dass Graf Johannes sich 1655 in dem Berufungsverfahren für seinen Superintendenten Elwert, an dessen lutherischer Standfestigkeit die orthodoxe Landgeistlichkeit Zweifel hegte, mit dem Widerspruch und dem Rechtfertigungsschreiben Elwerts sich recht schnell einverstanden erklärte, obwohl er  Elwerts geheime Einstellung vermutlich sehr wohl kannte  [xxiv]

Schließlich muß auch vermerkt werden, daß GrafJohannes den 3. Anwärter auf die Erbschaft, seinen Sohn Johannes, * Metz1638,  zum Studium auf die „Hochburg des französischen Calvinismus“  [xxv] ,auf die Akademie von Saumur geschickt hatte, von der er allerdings krank zurückkehrte und in Idstein 13. 10. 1658 starb. Sein Sarkophag steht in derGruft unter dem Chor.

 

 

Unverändert unerbittlich blieb des Grafen Haltung zu den Feinden der christlichen Religion. Ganz Mensch seiner Zeit erkannte er in den Hexen die zu bekämpfenden Feinde und hat in deren Verfolgung seine ganze Autorität eingesetzt.

 

 

7.   2 MAGISTER  JOHANN PHILIPP  ELWERT, DER  THEOLOGISCHE BERATER  DES  BAUHERRN

Der Kirchenbau des Grafen Johannes weist so viele theologische Bezüge auf, daß es schwer vorstellbar ist, daß sie alle vom Grafen selbst ersonnen worden sind, selbst wenn man bedenkt, daß der Graf theologisch sehr interessiert und auch entsprechend belesen und gebildet war  [xxvi]  . Wenn auch die direkte Einwirkung des Superintendenten der Grafschaft, des  Magisters Johann Philipp Elwert (Elbert) (*Wertheim a. Main., 6. 4. 1621, + Idstein 19. 1. 1699), auf die Umbauplanung und die innere Ausgestaltung der Unionskirche aus Urkunden nicht nachzuweisen ist, so ist seine Mitwirkung doch sehr wahrscheinlich.  Die gemeinsame Planung führte offenbar nicht zu Programmentwürfen, die sich in einem Archiv erhalten konnten, sondern entwickelte sich im Gespräch des Grafen mit dem etwa eine Generation jüngeren Geistlichen. Leider sind auch Ideenskizzen, die als Resultat gemeinsamer Überlegungen entstanden sein müssen, nicht überliefert. Ausnahme ist eine Skizze für die Anordnung der Deckenbilder  [xxvii]  , die aber nur einen Planungs -Zwischenzustand festhält, der nicht unbedingt der endgültige gewesen  sein muss [xxviii]  .

 

Ergänzungzu  7.2 :

Elwert hatte bei der orthodox lutherischen Geistlichkeit der Grafschaft einigen Widerstand gegen seine Berufung  zu überwinden.  Sie warf ihm vor, „ein Anhänger des Helmstädtischen Schismatismus“ der „ synkretistischen Theologie“ des Georg Calixt zu sein  [xxix]  , also ein Anhänger der mit der lutherischen Konfession nicht verträglichen kirchenspaltenden  Konfessionsvermischungen zu sein.

Karl Gottfried Goebel, der sich intensiv mit derTheologie  Elwerts beschäftigt hat (siehe FN 24) hat diesen Vorwurf als „nicht ohne Grund erhoben“ bezeichnet. Goebel sieht Elwert als von der CalixtinischenTheologie geprägt an und nennt ihn auch einen heimlichen Anhänger. Der Graf, obwohl innerlich Elwert nahestehend, muß in den Anstellungsbedingungen darauf bestehen, dass der Superintendent „keiner falschen Sekt und Schismati, sonderlich der Helmstädtischen… beypflichtet, sondern sich davon enthalte“.

Ein Sohn Elwerts (Johannes, * Idstein 6. 1. 1656),der Amtmann in der Grafschaft Saarwerden war, geriet in die Fänge der Reunionspolitik Ludwigs XIV und konvertierte 1687 unter Zwang zum Katholizismus. Das löste kritische Fragen der gräflich-idsteinischen Kanzleibeamten an den Superintendenten aus, die bestimmt waren, dem Superintendenten  Mißachtung und Amtspflichtverletzung gegenüber einem eng verstandenen Luthertum Augsburgischer Konfession nachzuweisen. Unter Berufung auf noch andere Theologen antwortet Elwert aber unerschrocken: “Auch ist eine sehr irrige Meinung, daß du meinst, nur unsere evangelische Kirche sei die einzige christliche Kirche und außerhalb dieser sei kein Heil“  [xxx]  .

 

 

7.2.1 DIE  MUTMASSLICHE  BAU-IDEE

Von dem Bauherrn kann man mit großer Gewissheit, von seinem theologischen Berater kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß sie nach ihren persönlichen Lebenserfahrungen reif waren dafür, den konfessionellen Streit zu beenden, einfach auch deshalb, weil sie des Streites müde waren.

Zudem lebten und arbeiteten beide zu der Zeit da Religionswechsel und Unions-Gedanken allerorten praktiziert und erörtert wurden. In unmittelbarer Nachbarschaft Idsteins, in der Grafschaft Katzenellenbogen rief der Landesherr Landgraf Ernst von Hessen-Rotenburg protestantische und katholische Geistliche vom 14. bis 20.Dez. 1651 zu einem Religionsgespräch auf die Burg Rheinfels. Dieses Religionsgespräch blieb ergebnislos. Auch weitere Gespräche in Kassel (1552) und in Gießen (1653) blieben ohne Ergebnis. Am Dreikönigstag 1652 trat Landgraf Ernst zu Hessen-Rheinfels mit seiner Gemahlin im Dom zu Köln zur katholischen Kirche über  [xxxi]  . Die Grafschaft selbst blieb lutherisch.

Dem anderen Nachbarn Idsteins, dem Erzbistum Mainz wurde 1660 die Urheberschaft für einen Unionsplan zugeschrieben, der die Bestrebungen des Kurfürsten Johann  Philipp von Schönborn unterstützen sollte, „eine Annäherung der Konfessionen zustande zu bringen: Wiedervereinigung der Lutheraner (nicht der Kalvinisten) mit der katholischen Kirche auf der Basis der Confessio Augustana, der Priesterehe, des Laienkelchs und einiger dogmatischer und disziplinärer Konzessionen. Als „reformiert - katholisch“ sollten die Lutheraner  zum kanonischen Gehorsam  gegenüber dem Papst zur alten Kirche zurückkehren“. Als der Plan publik wurde, distanzierte sich der Kurfürst, in Rom wurde das Projekt nie ernsthaft in Erwägung gezogen  [xxxii]

Weshalb in dieser Atmosphäre des Wechsels und Umbruchs nicht auch in Idstein mitdenken, vielleicht sogar radikaler als die Unionisten in Mainz es taten oder die Konvertiten in St. Goar. Nicht mehr festgefahrene Positionen vereinigen wollen ,sondern einen neuen Anfang  wagen, sozusagen „ab ovo“  ?

Dazu gehört, daß man an die Ursprünge unseres Glaubens zurückkehrt. Als Kirchenbau zum Bautyp der Basilika der Urgemeinde, als Glaubensgrundlage zu den Evangelien, die von dem Christus berichten.

Beides haben die „Bauherren“ getan und haben so die Kirche geschaffen, die wir heute noch vor uns haben.

 

Tatsächlich gibt es für die Überlegungen wie denn der neue Kirchenbau auszusehen habe und warum er bestimmte Elemente enthalten sollte, keine archivalische Quellen. Die vorstehend vorgebrachten Überlegungen, was denn zu der Kirchenform und ihrer inneren Gestalt geführt habe, wie sie vor uns steht, sind rein aus dem sichtbaren Befund abgeleitete Annahmen was die „Bauherren“ wohl bewogen haben mag, so zu bauen und nicht anders. Hier kann in Zeit-, Geist-, Religions- und Personengeschichte noch viel Forschungsarbeit investiert werden, um den Entstehungsprozess noch klarer zu fassen.

 

Dass der angedachte Kirchenbau dann so prächtig ausfiel, ist sicherlich allein dem Kunstverständnis des Grafen zuzuschreiben und dem glücklichen Umstand, dass in den Kalksteinbrüchen des Grafen in Mudershausen (bei Zollhaus) plötzlich („Lahn“)Marmor gefunden wurde. Dass er sich mit dem Kirchenbau auch eine repräsentative Hofkirche schaffen wollte, mit der er sein Ansehen in der Kunstwelt vermehren wollte, ist wahrscheinlich und auch verzeihlich.

 

 

7.3 JOHANN  GEORG HECKHELER,  DER  BAUMEISTER - ARCHITEKT

Der Bauplan zum Rückbau der gotischen Hallenkirche in die Form einer altchristlichen Basilika kann wohl kaum von den in den Rechnungsbüchern genannten dörflichen Maurermeistern entworfen worden sein. Es fällt auch auf ,daß in den Rechnungsbüchern zwar die Verdingung der einzelnen Maurer-Gewerke verzeichnet ist, aber selten oder nie Verhandlungen über die Art der Ausführung oder gar Änderungen der verdingten Gewerke verzeichnet sind. Das ist bei der Auftragsvergabe für Kunstwerke anders. Hier wird auch über Einzelheiten der Ausführung gehandelt.

Danach ist  mit Gewissheit anzunehmen, dass es für den Rückbau zur Basilika einen allgemein akzeptierten Bauplan gab, der von den Maurern abgearbeitet wurde.

Diesen Bauplan hat - wenn wir uns das Kirchenschiff ohne die Einbauten der Emporen vorstellen wird das ganz deutlich -  ein Meister entworfen, der über ein sicheres Stilempfinden verfügte und daraus die neu aufzurichtenden Bogenstellungen in Höhe und Weite bemaß, die Höhe des Mittelschiffes und die Höhe der niedrigeren Seitenschiffe angegeben hat.

Wer dieser Baumeister war, war lange Zeit unbekannt. Zwar hatte man aus Wiesbadener Archivalien einen Hinweis auf einen  „werkmeister aus Straßburg“, der im Februar 1672 ein stattliches Honorar erhalten hatte [xxxiii] , allein man wußte nicht wofür.

Der Grund für die Honorarzahlung wurde deutlich, als bei Recherchen in Straßburger Archiven Anfang dieses Jahrtausends dann der Brief des Grafen Johannes vom 18.Dez. 1671 gefunden wurde, in dem der Graf den Magistrat der Stadt Straßburg bittet, „uns den … werkmeister auf eine kurze Zeit herunter zu reisen erlauben wollen“  weil  „wir zu einem sonderbahren kirchenbau begriffen, bei welchem sich aber einige wichtigkeit erreget, worüber wir gern eines erfahrenen mannes meinung haben möchten“ [xxxiv]  .Dieser nach Idstein ausgeliehene„werkmeister“ war der 1654 zum Münsterbaumeister berufene Johann  Georg Heckler, der als Architekt, als Münsterbaumeister und Steinmetzmeister auch außerhalb Straßburgs einen hervorragenden Ruf hatte  [xxxv]  .

Das Honorar, das er 1672 für seinen Besuch in Idstein erhalten hatte (60 Gulden), war für die 1672 erbrachte Beratungs - Dienstleistung wohl zu groß. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist mit dem „großzügigen“ Honorar auch seine Tätigkeit als Architekt für die Umbauplanung „Hallenkirche zur Basilika“ bezahlt worden.

 

Ergänzung zu 7.3:

Heckler war im Februar 1672 auf der Baustelle in Idstein, weil ein statisches Problem zu lösen war. Der Umbauplan des Architekten Heckler hatte ursprünglich vermutlich keine Emporen in denSeitenschiffen vorgesehen. Jetzt aber hatten „die Bauherren“ die Konzeption der Innenraumgestaltung dahin abgeändert, dass das Mittelschiff von Gottesdienstbesuchern frei bleiben sollte und die Besucher statt dessen auf Emporen, die in die Seitenschiffe eingebaut werden sollten, Platz nehmen sollten. Heckler hatte 1665/66 die Fundamente des Straßburger Münsters untersucht, und dabei auch einen Erfahrungsschatz an Baustatik sammeln können,wegen dem er von Graf Johannes auch angefordert worden ist.

In Idstein war zu entscheiden, ob die dicken Marmorsäulen, die die Hochschiffwände und das Dach zu tragen hatten, zusätzlich auch noch das Gewicht der schweren  Holzkonstruktionen der Emporen tragen könnten.

Heckler urteilte, dass die Säulen das Gewicht tragen könnten und so wurde nach seinem Rat verfahren. 75 Jahre später hatte man erneut Bedenken und legte das Emporengewicht auf die Palmbaum-Stützen, die heute noch Befremden hervorrufen.

 

Zum Architekten wurde man damals durch das Studium entsprechender Bücher und vor allem durch die Betrachtung hervorragender Bauten, die man auf Reisen besuchte. Eine solche Bildungsreise ist für JohannGeorg Heckler nicht bekannt, als Steinmetz war er jedoch auch außerhalb Straßburgs auf Wanderschaft gewesen. Von seinem Sohn, Johann (Hans) Heckler,der Arzt geworden war, sind die Stationen seiner Bildungsreise überliefert  [xxxvi]  . Sie könnten auch auf dem Reiseprogramm eines Steinmetzen und Architekten gestanden haben, so. z. B. Florenz.  Hier in der Basilika San Miniato al Monte könnte der Architekt Heckler Anregungen, vielleicht sogar das Vorbild für die in Idstein zu bauende Basilika gefunden haben.

 

 

            7.4 BAUBEGINN 1668  / 69  UND BAUFORTSCHRITT BIS  1677

1668 wurde das Getreide, das auf dem Kirchenspeicher lag, umgelagert auf den Speicher im Haus des Kammerschreibers. Damit wurde die Baustelle für den Kirchenumbau frei gemacht. ( Siehe FN  6, S. 57.)

Zugleich beweist die Tatsache, dass auf dem Kirchenspeicher Getreide aufbewahrt wurde, dass offensichtlich das Kirchendach - und damit wohl auch das Kirchengebäude selbst- noch intakt waren. Der Umbau der Kirche also keine Folge von mangelnder Bauunterhaltung war.

 

1669 sind in der Kapelle „St. Maria vor dem Himmeltor“ etliche Baumaßnahmen ausgeführt worden die anzeigen, dass die Kapelle zum Gottesdienst hergerichtet worden ist.

Für die Zeit, da die alte Stiftskirche umgebaut wurde, brauchte man für den Gottesdienst einen anderen Kirchenraum. Dazu bot sich die genannte Kapelle an, die offenbar seit längerer Zeit nicht mehr benutzt worden war. Die Kapelle ist auf dem Idstein-Stich von Merian zu sehen.Sie stand etwa dort, wo  heute der „Alte Marktplatz“ ist. Nach W.-H. Struck (siehe FN 1, S. 478) entstand die Kapelle vermutlich 1496, als Graf Philipp der Altherr mit 5 Gulden Gülte eine ewige Messe „zur Himmelpforten“ stiftete. Bei / an ihr lag der Friedhof „vor dem Himmeltor“. Dies war ein Sonderfriedhof, der möglicherweise für die Opfer der Pestepidemie Mitte des 14. Jh. angelegt worden ist und später mit den Toten belegt worden ist, die kein „Erb“-Begräbnis auf dem Friedhof an der Kirche hatten, wie z. B. der Maler Sebastian Stoßkopf am Aschermittwoch 1657. Auch die 43 Pesttoten der Epidemie 1626/27 sind ausnahmslos auf dem Himmelkirchhof beigesetzt worden.,

Die Kapelle wurde 1700/1701  abgebrochen. Ihr Balkenwerk ist 1728 als Friedhofskapelle auf dem 1700 neu angelegten (heutigen) Friedhof weiterverwendet worden.

 

Ab 1669 häufen sich inden Rechnungsbüchern die Einträge über Handwerker, denen die verschiedensten Gewerke verdingt werden.

Leider werden die von den Handwerkern auszuführenden Arbeiten in den Verdingungszetteln nur selten so beschrieben daß man sie bestimmten Änderungen am Kirchenbau zuordnen kann.. Z. B. „Kirchenmauer“,„Dachstuhl verlängern“ „Orgelempore“

 

1672  sind die Marmorarkaden aufgebaut. Die Emporen werden eingebaut.

 

1673  Richtfest der Seitenschiffdächer und „Verlängerung des Kirchenbaus aufgeschlagen“

Die Kirchenrechnung ( HHStAW 31, 46) verzeichnet für das Richtfest der Seitendächer die Ausgabe für „8 Maß Wein“ und für die „verlengung des kirchenbaus auf Befehl der Bürgerschaft jedem ½ Maß Wein“.

Werden diese Rechnungspositionen mit dem heutigen Baubestand verglichen, dann folgt daraus, dass das Kirchenschiff damals nach Westen verlängert worden ist, vermutlich um die Tiefe der Orgelempore, und dass die Seitenschiffdächer, die es bei der bisherigen Hallenkirche nicht gab,eingerichtet worden sind.

 

1674 / 75 der Hofmaler bemalt die Brüstungsfelder der Emporen.

 

1675,Weihnachten           Beginn derHexenhysterie

 

1677, 23. Mai                       Graf Johannes stirbt.

 

 

8.Die  Ausstattung

8.1Die Deckengemälde

Die Entstehungsgeschichte der Bilder ist anhand des im HHStAW liegenden Briefwechsels des Grafen mit potentiellen Malern oder anderweitig helfenden Personen rekonstruierbar  [xxxvii]  .

Bei der Durchsicht der Briefe   [xxxviii] ergibt sich, dass die Idee zur Bilderdecke wohl des Grafen eigener Einfall gewesen ist, vielleicht auch die Idee seines Superintendenten Elwert, aber keinesfalls die Idee von Matthäus Merian, wie in alten Darstellungen behauptet wird.

1673 gehen die Briefe des Grafen an die Künstler und Kunstagenten ab. Dabei sind die Briefe an Matthäus Merian d. J. in Frankfurt und an den kunstverständigen Maler und Schriftsteller Joachim von Sandrart in Nürnberg offenbar nur geschrieben worden, um sich gegebenenfalls mit angesehenen Namen schmücken zu können. Da klingt der Brief an den Vetter Walrad, der in Breda in holländischen Diensten steht ,schon realistischer. An ihn schreibt der Graf, er möge doch nach Malern Ausschau halten, die nicht wie „Merian und dergleichen mir … etwas zu kostbar seyndt“ sondern „die nicht allzu hoch hinaus wollen und gute Historienmaler sind“  [xxxix]  .

Das Ergebnis der auf vier getrennten Wegen vorangetriebene Werbung ist bekannt: Durch Vermittlung des Vetters Walrad in Breda kamen die Maler Michael Angelo Immenraedt und sein Gehilfe Johannes Melchior Bencard 1673 nach Idstein und malten dort bis 1678  33 der insgesamt 38 Bilder.  Joachim von Sandrart hatte seinen Neffen  Johann von Sandrart geschickt. Der bezog Quartier in Frankfurt und malte dort 5 Bilder , 2 nach eigenem Entwurf („Darbringung im Tempel“ und „Der 12-jährigeJesus im Tempel“), und 3 nach Entwürfen seines Onkels Joachim ( „Verkündigung an Maria“, „Speisung der 5000“, „Einzug in Jerusalem“).

Die Bilder Immenraedts zeigen in perfekter Beherrschung auch untersichtiger Perspektiven die hohe Kunstfertigkeit des an Rubens bewegter Malweise geschulten Malers.

Mit den Gemälden des Johann von Sandrart war Graf Johannes nicht zufrieden. Er beurteilte sie als „Tafelbilder“ (= Staffeleibilder), die an der Kirchendecke neben den kraftvollen Bildern Immenraedts nicht bestehen könnten.

 

Ergänzung zu  8. 1 :

Die Kunstgeschichte hat sich zumeist mit der Komposition der dargestellten Szenen und ihrer maltechnisch gelungenen - oder auch nicht gelungenen - Umsetzung befasst.  Dabei unterblieb die für das Verständnis des Raumes wichtigere Frage nach der Aussage dieses Bilderhimmels .Denn der Gedanke, dass in der Anordnung, im räumlichen Zusammenhang auch ein innerer Zusammenhang verborgen ist, drängt sich sogleich deshalb auf, weil in dem Neben- und Hintereinander der Bilder keine einfache  zeitliche Abfolge der in den Evangelien berichteten Ereignisse eingehalten ist.

 

Mir ist nicht verständlich und ich habe auch keinerlei Erklärung für den Befund, dass die theologische Interpretation der Bilderdecke, die 1987 wiedergefunden und veröffentlicht worden ist  [xl]  vollkommen vergessen war. Selbst der eifrige Pfarrer W. Cuntz, der 1868 den ersten brauchbaren Kirchenführer veröffentlicht hat („Die evangelische Kirche in Idstein“, Idstein 1868) weiß keine Antwort auf die nicht „nach ihrer geschichtlichen Reihenfolge“ angebrachten Bilder (loc.cit. S. 45).

Norbert Werner  [xli]  sortiert 1973 die Bilder nach 4 Kategorien,die aber auch keinen Aufschluß geben darüber, warum die Bilder so hängen wie sie nun mal hängen. Und Wolfgang Einsingbach  [xlii]  sieht in dem Bilderhimmel eine „Laiendogmatik in gemalter Form“, ohne etwas über diese Dogmatik auszusagen und ohne in das System der Anordnung der Bilder einzudringen.

 

Heute wird in der Anordnung der Bilder das Gerüst einer Predigt erkannt. Diese Predigt ist gespannt über den „leeren“ Innenraum des Kirchenschiffs, sie ist „immerwährend“ vorhanden und fordert die Besucher auf, sich „unter“ das Wort Gottes zu stellen, das mit dem Mittelbild am Chor den Gläubigen die Einladung zuruft  „Dies ist mein lieber Sohn, … den sollt ihr hören“ (Mt. 17,5)  und mit dem Mittelbild vor der Orgel die Warnung verkündet „Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre, denn die Zeit seines Gerichts ist gekommen ! ..“ (Offb. 14, 6/7)

 

 

8.2  DER ALTAR  IM  CHOR

Über den Altartisch ist vorstehend bei 6. schon berichtet worden.

Das hinter dem Altartisch stehende Retabel ist von dem Mainzer Steinmetzen Arnold Harnisch entworfen und 1676 aufgerichtet worden. Die kräftigen gedrehten Säulen gehören zu der Fülle von Nachahmungen von Berninis Säulenbaldachin über dem Altar von St. Peter in Rom. Die geschweiften Giebelstücke und die Strahlenglorie mit dem Auge Gottes sind Zutaten von 1725,als der Chor ausgebaut worden ist.

 

Ergänzung zu  8.2 :

Die in den Architravbalken des Retabels eingegrabene Inschrift „JESU  CHRISTO VICTORI“ bezog sich auf die von dem Superintendenten Dr. Lange ca. 1725 erfundene Installation, bei der das Retabel als Triumpfbogen fungierte und die Gemeinde durch den Marmorbogen - das Abendmahlbild war entfernt worden - auf das Kruzifix in dem Epitaph für den Grafen Johannes sehen konnte. Das Grabmal für den Grafen Johannes, das ehedem vor dem Eingang zu seiner Gruft in der NO-Ecke des Chor-Fünfecks errichtet worden war, hatte Lange für seine Installation an die O-Wand des Chores, mithin also in die Achse der Kirche transferieren lassen wo es heute noch steht. Diese Anordnung blieb bis zur Kirchenrenovierung Anfang der  1960er Jahre erhalten. Dann erst wurde das Abendmahlbild wieder in den Marmorbogen eingesetzt und der Durchblick auf das Kruzifix ist  seitdem nicht mehr möglich. Die„Siegesinschrift“ hat dadurch ihren sichtbaren Bezugspunkt verloren.

 

 

8.3  DIE KANZEL

1673 sei die Kanzel von dem Düsseldorfer Bildhauer Christian Gaßmann fertiggestellt und aufgerichtet worden  [xliii]. Sie ist eine eigenwillige Schöpfung des Künstlers, der einerseits einem friedlichen, vom Himmel gekommenen Engel aufgibt, den Schalldeckel über die Kanzel zu halten, damit ja kein Wort Gottes verloren gehe, und andererseits den Simson, das Symbol übermenschlicher Kraft, den ganzen Kanzelkorb schleppen lässt.  An welche symbolhafte Beziehung zwischen den beiden der Künstler gedacht hat, als er sie an und unter die Kanzel stellte, habe ich nicht ergründen können.

 

Ergänzung zu 8. 3 :

Eindeutig ist dagegen die Symbolik des Kanzelträgers Simson mit dem Eselskinnbacken. Nach dem Buch Richter im AT (15, Vers 15 u. 16) zerriß Simson die Stricke, mit denen die Philister ihn gefesselt hatten und erschlug 1000 Philister mit den Backenknochen eines Esels. Die Philister waren für die Juden  Ungläubige, die zu erschlagen eine Gottwohlgefällige Tat  war. Hier gibt es eine direkte Verbindungslinie zur 4. Brüstungstafel (ganz rechts) am Herrenstuhl deren Inschrift ebenfalls zur Vertilgung der „Gottlosen“ aufruft.

Nach Brockhaus wird Simson  als Symbol für die  Verteidigung des rechten Glaubens  besonders oft in der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts dargestellt. Daher vielleicht die Beauftragung eines Künstlers aus der geographischen Nachbarschaft der Niederlande mit dem Kanzel -Simson - Auftrag.

 

 

8.4  DER TAUFSTEIN

In der Form eines Kelches  dessen Schaft aus der Bodenplatte aufsteigt und in einer vierpassförmigen Schale als Taufbecken endet, 1675 von dem Idsteiner Steinhauer Hans MartinSattler gefertigt.

Der Taufstein stand bis ca. 1960  am Fuß der Kanzel, ist dann aus räumlichenGründen (mehr Platz für die Taufgesellschaft, die sich um den Taufstein versammelt) vor das Chorpodest am „Reiterchörchen“ versetzt worden.

 

Ergänzung zu  8. 4 :

Das erste Kind,das aus diesem Taufstein getauft wurde, war am 18. Juli 1675 die kleine Maria Dorothea,  eine Tochter des Handwerkers, der den Taufstein („für 40 Taler zuzüglich Kost“, so W. Cuntz, S. 8 ) gefertigt hat.

Marmor und Arbeit bezahlt hat der Nassauische Rat Nicolas Vigelius  [xliv].  Vigelius hatte die nassauischen Interessen am Kaiserhof zu Wien zu vertreten und war dazu von allen walramischen Linien mit hinreichender Menge an „Handsalbe“ ausgerüstet. Graf Johannes war der Senior der walramischen Linien und vermutlich aus Dank für erhaltene Gunsterweise hat Vigelius  seinem „Chef“ den Taufstein für dessen neue Kirche gestiftet.

 

 

8.5  DIE  SPRÜCHE AN  DEN  EMPOREN - BRÜSTUNGEN

Die runden und ovalen Schriftfelder an den Gestühlsbrüstungen der (oberen) Männeremporen enthalten Bibelsprüche, deren Inhalt sich immer auf das Amt derjenigen bezieht,die in dem betreffenden Stuhl ihren Platz hatten  [xlv] .

Die Sprüche an den den Frauenstühlen preisen weibliche Tugenden und beziehen sich auf konkrete Fragen der  Lebensführung  [xlvi]  .

Einen ganzanderen Ton schlagen die Sprüche an, die Graf Johannes an der Brüstung seines „Herrenstuhls“ anbringen ließ: Sie verkünden seinen Regierungsanspruch, seine Regierungsverantwortung und sein Regierungsprogramm. Darunter leider auch die„Zerstreuung der Gottlosen“, worunter damals der Kampf gegen die Hexen und die Hexerei begriffen wurde.

 

Ergänzung zu 8.5 :

Die Sprüche an den Tafeln des Herrenstuhls verkünden (von links nach rechts):

1.    Seinen von Gott erhaltenen Auftrag.  Röm. 13, 4 :  „Die Obrigkeit ist Gottes Dienerin …“

2.    Seine Verantwortung gegenüber Gottes Auftrag, 2. Chron. 19, 6-7a : „Ihr haltet das Gericht nit den Menschen, sondern dem Herrn, und der ist mit euch im Gericht. …“

3.    Woher weiß Gf.Johannes wie er regieren soll ?  Jos. 1,8 : „Laß das Buch dieses Gesetzes nit von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, … Alsdann wird dir gelingen in allem das  du thust und wirst weißlich handeln können.“

4.    Was hat Gf.Johannes als vordringliche Aufgabe in dem Buch des Gesetzes gelesen ?  Spr. 20,26, 28 :“Ein weiser König zerstreuet die Gottlosen und bringt das Rad über sie…“

Dieser Bibel-Fundalismus, der zu der bekannten Hexenverfolgung führte, hat das Ansehen des Grafen auf 300 Jahre hin ruiniert.:1960 hat man seine Gebeine achtlos weggeräumt.

 

 

8.6 DIE  SITZORDNUNG  DER GEMEINDE

Eigentlich kein Ausstattungsstück, aber ein Element der Gliederung und Zuordnung der Gemeinde in ihren Ständen.

Der Rangfolge nach könnte man erwarten, daß die obersten Ränge der Gesellschaft am nächsten am Altar und an Gottes Wort, der Kanzel, sitzen, also links und rechts in den Ständen in den Seitenschiffen bei Altar und Kanzel.

In Idstein sitzen die obersten Ränge zwar auch am nächsten bei Altar und Kanzel aber es wird durch eine kleine Verschiebung zugleich ein System von Blickachsen und Gegenüberstellungen konstruiert, das schon kennzeichnend für eine Gesellschaft erscheint, die sich dem Wort Gottes und dem Gebot der Nächsten -Achtung  verpflichtet fühlt.

 

Links vorn: Der Stand des Grafen. Er hat keinen „Stand“ gegenüber, allein die Kanzel, allein das Wort Gottes haben ihm etwas zu sagen.

 

Nach links anschließend: der Stand der Räte, d. h. der obersten Regierungsbamten.Sie haben als Gegenüber den Stand  der einfachen Bürger, die keine besonderen Ämter haben, also das „Volk“persönlich.  Ihm unbefangen beim Sonntagsgottesdienst in die Augen sehen zu können erfordert, dass letzte Woche kein unrechtes Regierungshandeln geschah.

 

In der Arkade über der Nordtür: Stuhl der Sekretäre. Sie hatten oft die Beschlüsse der Räte den bürgerlichen Vorstehern, die im Stuhl gegenüber sitzen, zu überbringen und durchzusetzen. Das ging vermutlich oft nur mit Zwang -   am Werktag,  am Sonntag dann Versöhnung ?

 

Unter der Orgelempore der große Stand der Gerichtspersonen, weil sehr viele Bürger in vielen „Gerichten“ - heute würde man auch „Kommissionen" sagen -  tätig waren. Vom Blutgericht bis zum Feldgericht, das die Grenzsteine setzte, waren die Bürger,die zwar kein Gemeindewahlrecht unserer Tage hatten, dennoch in die Verwaltung ihrer Gemeinde eingespannt.  Sie hatten als Gegenüber keinen Stand mit Obrigkeit, sondern nur den Altar, ganz gemäß der Inschrift auf der Brüstungstafel (Sirach IV) :“Höre den Armen gerne und antworte ihm freundlich und sanft, errette den, dem Gewalt geschieht, von dem, der ihm Unrecht tut. Und sei unerschrocken wenn du richten sollst.“

 

Diese hier angedeutete Unabhängigkeit der „richterlichen Gewalt“ von der Obrigkeit darf für die damalige Lebenspraxis nicht überinterpretiert werden, was Recht war, bestimmte immer noch der Graf.  Es könnte aber auch Keim sein für einen Anfang aufgeklärten Denkens.

 

 

8.7      DIE  GRABMÄLER UND  GRÜFTE  IN DER KIRCHE.

Sie sind spätere Zutaten und gehören nicht alle zur bedeutungswirksamen Ausstattung der Kirche. Deshalb wird hier nur auf die spezielle Literatur verwiesen.

 

Ergänzung  zu  8.7:

Literatur zu Grabmälern und Grüften:

1.    Wolfgang Einsingbach „Die Vollendung der Stadtkirche zu Idstein und das Georg August Epitaph - Untersuchungen zur Tätigkeit Maximilian von Welschs und Franz Matthias Hiernles“ in Mainzer Zeitschrift, 59 (1964), S. 74 - 98

2.    Karl Heinz Schmidt, „Grüfte und Sarkophage in der Unionskirche zu Idstein“, in Nass.Annalen 107 (1996), S. 79 -95

3.    Karl HeinzSchmidt, „Das Johanneische Kruzifix“, in Nass. Annalen 121 (2010), S. 73 - 82

 

 

9.NACH  DES  GRAFEN TOD     UND    AUSBAU DES  CHORES

Nachdem Graf Johannes am 23. Mai 1677 gestorben war, kamen die Bauarbeiten an der  Kirche zum Erliegen. Die Maler scheinen noch in gewissem Umfang weiter gearbeitet zu haben, aber weitere Ausbauarbeiten an dem jetzt zwar umgebauten aber noch keineswegs allseitig zugdichten Kirchenschiff sind offenbar auf ein Minimum reduziert worden. Besonders der Chor muss in einem halbfertigen Zustand liegen geblieben sein.

Das blieb - mehr oder minder - so, bis der Superintendent Johann Christian Lange, der sein Idsteiner Amt in der Adventszeit 1716 angetreten hatte, 1725 die Initiative zum Ausbau des Chores ergriff.

Zuvor schon hatte man mehrere Vorschläge für den Chorbau geprüft, denn man konnte „mit dem Chorbau“ nicht „auf gleichem Fuße fortfahren“ wie bei dem Kirchenbau weil „dies bei dem Itzsteiner Chorbau aus erheblichen Ursachen nicht beliebt werden dürfte“   [xlvii]  . „Man“, d. h. wohl der junge Graf Georg August, hatte keinen Gefallen an dem „altertümlichen“ Baustil  und wollte eine Stiländerung.

Zu dieser Stiländerung ist es dann auch gekommen. Der Chorraum präsentiert sich heute in einem gemäßigten Barock, der keine Elemente der gedankenreichen Konstruktion des Kirchenschiffs fortführt, sogar auf die Architektur und die Bilder des  Schiffs  keine Rücksicht nimmt, also tatsächlich eine andere Kirche darstellt.

 

Die Kirchengemeinde hat sich mit dem Stilbruch versöhnt. Sie nimmt ihn auch garnicht mehr wahr wenn ordentlich gepredigt wird. Und das ist für das Innenleben einer Kirche noch immer der wichtigste Aspekt.

 

 

 

ENDE

11.10. 2011

Dr.K. H. S.

 

 

 

A N M E R K U N G E N

[i] 1. W. H. Struck, „Das Stift St. Martin in Idstein“, Germania Sacra, NF 27,Berlin 1990, S. 411

[ii] 2. Wie FN 1, S. 431

[iii] 3. Wie FN 1, S. 433

[iv] 4. Wie FN 1, S. 434, 433

[v]  5. Wie FN1, S. 411

[vi] 6. K. H. Schmidt, „Zur Baugeschichte der Stiftskirche St. Martin in Idstein“, Nass. Annalen      114(2003), 47 -74 .

[vii] 7. Wie FN 1, S. 415 ff

[viii] 8. Wie FN 1, S. 477 und 495

[ix]  9. Wie FN 1, S. 416

[x]  10. Ki-Archiv Idstein, karid IV / 2/ 117 vom 7. 9. 1725

[xi] 11 Kirchenbuch der Getauften der  Ev. KG. Idstein, Taufeintrag vom 13. 11.1603

[xii]  

[xiii]  12. Wie FN 1, S. 467

[xiv]  13. Wie FN 1, S. 415

[xv]  14. Wie FN 1, S. 420

[xvi]  15. Wie FN 6, S. 56

     16 Yvonne Monsees, „Die Inschriften des Rheingau-Taunus-Kreises“, Wiesbaden1997, S. 437

[xvii] 17. Pierre Even, „Dynastie Luxemburg Nassau“, Schortgen, Luxembourg, 2000,S. 46

[xviii]  18. Wie FN 17, S. 48

[xix] 19. Christel Lentz u. Martina Nath-Esser, “DerSchlossgarten zu Idstein“ , in „Die Gartenkunst“  ,     2.Jhg. Heft 2 1990, Wernersche Verlagsanstalt, S. 165 -216

[xx]  20.Christel Lentz, “Das Idsteiner Schloß”, Idstein 1994, S. 169 - 183.

[xxi]  21. Kirchenbuch Ev. KirchengemeindeIdstein, Beerdigungen, 11. 2. 1657

[xxii]  22 Zitiert aus Ulrike Rother, „Die theologischen Fakultäten der Universität Straßburg“, Schöningh,     Paderborn 2001, S. 92.

[xxiii]  23. Wie FN 19, S. 174.

[xxiv] 24. Zur Berufung Elwerts nach Idstein und überhaupt zu Elwert und bes. zu seinem Katechismus,      siehe KarlGottfried Goebel, Jb. d. Hess. Kirchengeschichtlichen Vereinigung 40 (1989),279 -    303, sowie 41 (1990), 27 -49, und 42(1991)57 - 92

[xxv]  25. Diese Beurteilung bei Heribert Raab, „Landgraf Ernst von Hessen Rheinfels“, Vortrag St. Goar    1964, S. 14

[xxvi]  26. Die theologische Belesenheit des Grafen zeigt sich z. B. in den Briefen, die er dem zum   Katholizismus abgefallenenSohn geschrieben hat, HHStAW 130 I, Nr. II D 2 Nr. 28

[xxvii]  27 Die Skizze ist veröffentlicht in Norbert Werner, „Der ev. Bilderzyklus der Unionskirche zu     Idstein“ in  Gießener Beiträge zur Kunstgeschichte, Bd.2,  Gießen 1973, S. 178.

[xxviii]  28.Karl Heinz Schmidt, „Das Programmin der Bilderdecke der ev.  … Kirche zu Idstein“ in    Nass. Annalen, 98, (1987), S. 123 -142, hier bes. S. 128.

[xxix]  29 Wie FN 24, S. 288

[xxx]  30 Quelle  vermutlich „Idsteiner Heimatschau“, aber ich bin nicht ganz sicher.

            Kann sein auch : karid III, Nr. 1 A, 16.

[xxxi]  31. Wie FN 25, S. 18, 20, 21

[xxxii]  32 Hdb. der Kirchengeschichte, Hsg.H. Jedin, Herder 1985, Bd. IV,  S. 674.

[xxxiii]  33 HHStAW 131, R 44a, itzsteinische cammer  rechnung 1672

[xxxiv]  34Archives  Municipales de Strasbourg, AA 1207, fol. 24r und 25v

[xxxv]  35.Wie FN 6, S. 67 ff.

[xxxvi]  36. Stadtarchiv Strasbourg (AMS), Sign.  AST 446 (programmes funébres), Nr.56

[xxxvii]  37. HHStAW 133, die Nr. 664, 666,667, 668

[xxxviii]  38. Wie FN 28, S. 127 f.“

[xxxix]  39 HHStAW133, Nr. 668, Bl. 4

[xl]  40. Wie FN 28

[xli]  41 Wie FN 27, S. 177

[xlii]  42 Wolfgang Einsingbach, „DieUnionskirche zu Idstein. Gestalt und Bedeutung“, 1. Aufl. Idstein       1965, S. 18

[xliii]  43 Auftragsvergabe an Gaßmann für die Kanzel 29. 4. 1671 ,HHStAW 133, 663, Fol.22

[xliv]  44. Kirchenbuch der Getauften, Kirchengemeinde Idstein, 1675, 18. Juli

[xlv]  45 Vertrag mit dem Hofmaler Jost Bickardt zu Mainz über die Ausmalung der „Tafeln“ an der  Bürgerbühne, vom 18. 2. 1674,   HHStAW 133, 663, Fol. 33

[xlvi]  46 Vollständige Abschriften der „Sprüche“ bei Matthias Benad, „Alltag, Wahn und Frömmigkeit“  in   Wort und Dienst, Jb. der Kirchl. Hochschule Bethel, NF. 22, Bd. 1993, S. 131 - 163

[xlvii]  47 Kirchenarchiv  Idstein, karid IV /2 / 31, Gutachten des Bausachverständigen Ort, der im Sept.      1724 den Chor daraufhin  untersucht hatte,wie dessen Weiterbau kostengünstig zu       bewerkstelligen  sei. Siehe auch wie FN  6, S. 71